Urs Koepfli
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Zum Thema «Demenz – Die Krankheit der Angehörigen?» lud die Pro Senectute Aargau (PS-AG) kürzlich im Gemeindesaal Buchs zu einer spannenden Informationsveranstaltung ein, die auf grosses Interesse stiess.
Buchs Vor kurzem durfte Andrea Hadorn, Bereichsleiterin Angebote PS-AG, ein breites Publikum im fast voll besetzten Gemeindesaal Buchs begrüssen. Die Informationsveranstaltung der Pro Senectute Aargau zum Thema «Demenz – Die Krankheit der Angehörigen?» stiess offensichtlich auf grosses Interesse.
«Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit leben in der Schweiz gegen 150'000 Menschen, die an Demenz erkrankt sind, und jährlich kommen um die 33'000 Menschen dazu. Das sind zum grossen Teil sehr alte Personen, zwei Drittel davon sind Frauen», so Andrea Hadorn. «Der weitaus grösste Teil der Demenzerkrankten lebt zuhause. Das heisst, dass Angehörige und nahestehende Personen ebenfalls von dieser Krankheit betroffen sind. Sie unterstützen die Demenzerkrankten im Alltag und betreuen sowie pflegen diese bei fortgeschrittener Erkrankung täglich. Das stellt die Angehörigen vor grosse Herausforderungen und Belastungen. Darum rücken heute Abend die Angehörigen in den Vordergrund», führte sie weiter aus.
Dazu habe man als Referenten zwei Fachpersonen eingeladen: Dr. med. Andreas Breunig, Spezialarzt Geriatrie, und Susanne Briellmann, Demenzberaterin PS-AG.
Eine wichtige Aufgabe des Gehirns ist das Filtern der vielen Reize, die man sieht, hört und fühlt. Es lenkt auch die Aufmerksamkeit, speichert Informationen und ruft diese wieder ab, reagiert auf Umwelt und Mitmenschen, empfindet Empathie und reguliert die Emotionen.
«Zur normalen Vergesslichkeit im Alter gehört etwa das Vergessen von Namen. So ist aber zum Beispiel eine gesunde 80-jährige Person durchaus noch in der Lage, die Bedienung eines neuen Gerätes zu erlernen und den Alltag gut zu bewältigen», so Dr. med. Andreas Breunig.
Eine neurokognitive Störung beeinträchtigt die Hirnfunktion. Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprache nehmen ab, die Empathie geht verloren, Bewegungs- und Handlungsabläufe werden erschwert und es gibt Orientierungsprobleme. Die Warnzeichen dafür sind vor allem Mühe haben, Tätigkeiten ausserhalb der Routine zu erledigen, Veränderungen in Sprache und Emotionen und dann auch alltägliche Dinge nicht mehr selbstständig erledigen zu können.
Demenz ist eine mögliche Ursache für diese Störungen und eine Alterserkrankung, wobei Alzheimer mit zwei Dritteln aller Fälle die häufigste Form der Demenz darstellt.
Trotz jahrzehntelanger Forschung ist die genaue Ursache von Alzheimer noch nicht genau bekannt. Bei dieser fortschreitenden, chronischen Krankheit schrumpfen gewisse Hirnareale, speziell diese für Sprache und Gedächtnis, und die Persönlichkeit der betroffenen Person verändert sich häufig.
Verschiedene Medikamente können den Verlauf, vor allem in der Anfangsphase, verzögern, aber nicht aufhalten oder gar umkehren. Es gibt für Alzheimer (noch) kein Heilmittel. Weiter helfen anregende Aktivitäten wie etwa Bewegung, künstlerische Tätigkeiten oder Gesprächsrunden.
Bei Verdacht auf Demenz sei der Hausarzt die erste Anlaufstelle, wobei die betroffene Person meist erst auf Rat oder Druck durch Angehörige diesen Schritt machten, weiss Andreas Breunig aus Erfahrung. Es folgen weitere spezialisierte Abklärungen. Die Diagnose ergibt sich anhand vieler Puzzleteile und je früher sie Klarheit bringt, umso besser kann man sich vorbereiten und darauf einstellen.
Gut die Hälfte der demenzerkrankten Personen leben zuhause und werden meistens durch den Partner oder die Kinder betreut, die oft noch berufstätig sind. Neben den teils komplexen Aufgaben in Betreuung und Pflege stellt auch der Rollenwechsel innerhalb der Partnerschaft oder der Eltern-/Kindbeziehung eine hohe psychische Belastung dar.
«Die Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine der belastendsten überhaupt, da fast alle Alltagsbereiche betroffen sind», betont Susanne Briellmann, Demenzberaterin PS-AG. Der Alltag verändere sich, Abläufe müssten ständig angepasst werden und das meiste bleibe an den Angehörigen hängen. Dazu kämen nicht selten noch finanzielle Sorgen und Zukunftsängste.
«Angehörige demenzerkrankter Menschen vernachlässigen oft komplett ihre eigenen Bedürfnisse und haben auch ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich selbst etwas Gutes tun wollen. Sie haben Versagensängste und denken, sie müssten rund um die Uhr verfügbar sein. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen und sie laufen Gefahr, selber zu erkranken, sowohl psychisch wie auch körperlich», hält die Demenzberaterin fest.
So sei es von grosser Wichtigkeit, Entlastung und Unterstützung anzunehmen, um selber durchatmen zu können. «Je früher man sich Hilfe holt, umso einfacher und besser wird es für Angehörige und Betroffene», betont Susanne Briellmann.
In der Beratung habe sie die Erfahrung gemacht, dass Angehörige oft Mühe hätten, Hilfe anzunehmen und Widerstände der Betroffenen würden dies zusätzlich erschweren. Manchmal brauche es Zeit und Geduld, bis die Betroffenen Vertrauen zu den unterstützenden Personen fassen würden.
Es gelte, dranzubleiben, denn in den allermeisten Fällen komme es gut. «Die Angehörigen können dann Zeit für sich selbst haben – kleine Inseln im Alltag – und daraus neue Kraft schöpfen. Denn niemand soll sich je selbst aufgeben müssen.»
Von Olivier Diethelm
Weitere Infos und Kontakte:
www.ag.prosenectute.ch
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